Infusionssystem

Infusionssystem – Elektronisch gesteuertes Infusionssystem für Entwicklungsländer

Infusionstherapien werden bei verschiedensten Erkrankungen, Notfallmaßnahmen, Dehydrationen und auch bei Covid-19-Patientinnen und –Patienten eingesetzt. Durch die Verabreichung bestimmter Medikamente und Nährstoffe kann den Patientinnen und Patienten so schnell geholfen werden. Von den unterschiedlichen Formen von Infusionstherapien kommt die Schwerkraftinfusion am häufigsten zum Einsatz. Hierbei wird den Patientinnen und Patienten über einen erhöht angebrachten Infusionsbeutel eine mit Salzen, Nährstoffen und Medikamenten angereicherte Flüssigkeit durch einen Infusionsschlauch verabreicht. Im Gegensatz zu Infusionspumpen, über die eine automatisierte Kontrolle der Infusions-Flussrate erfolgen kann, muss die Tropfrate bei der Schwerkraftinfusion manuell eingestellt und permanent kontrolliert werden.

Fehlerhafte Dosierungen können verheerende Folgen haben und müssen verhindert werden

Insbesondere in Entwicklungsländern ist eine ausreichend häufige Kontrolle aufgrund von Personalmangel in den Kliniken nicht immer möglich. Die Folgen sind verheerend: Fehlerhafte Dosierungen können im schlimmsten Fall zum Tod führen – vor allen Dingen bei Kindern, die besonders anfällig für Fehldosierungen sind. Der Einsatz von Infusionspumpen ist aber in Entwicklungsländern aufgrund von unbeständigen Umgebungsbedingungen, wie einer häufig unzureichenden Stromversorgung, nicht möglich. Außerdem sind Handhabung und Reparatur der Geräte kompliziert und teuer.

Das neu entwickelte Schwerkraftinfusionssystem sorgt für mehr Sicherheit bei Infusionstherapien

Um für mehr Sicherheit bei Infusionstherapien zu sorgen, wird im Rahmen des Projekts ECGF-IS (Electronically Controlled Gravity Feed Infusion Set) ein Gerät entwickelt, das eine automatisierte Dosierung der Infusionsflüssigkeit vornimmt. Gemeinsam mit der Initiatorin des Projekts, Philippa Ngaju Makobore, die Forscherin am Uganda Industrial Research Institute in Kampala, Uganda ist, entwickeln die Forscherinnen und Forscher der Abteilung »Klinische Gesundheitstechnologien« in Mannheim, die zum Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA gehört, ein kostengünstiges elektronisch gesteuertes Schwerkraftinfusionssystem.

Das neue Gerät stellt eine richtige Dosierung der Medikation sicher

Das neue Gerät kann durch einfaches Anbringen an einen Standardinfusionsbeutel verwendet werden. Nach der Behebung von Fehlern, die bei der alten Version Alarme ausgelöst haben, verfügt es über eine hohe Zuverlässigkeit, Benutzerfreundlichkeit und Sicherheit. Die Überführung der Elektronik auf eine effizientere Plattform und die Optimierung des Steueralgorithmus sorgen für eine höhere Robustheit des Schwerkraftinfusionssystems und ermöglichen Verbesserungen der Funktionen. Das Gerät wird über ein Netzteil mit Strom betrieben, verfügt jedoch zusätzlich über eine Batterie, sodass es auch bei Stromausfall verwendet werden kann. Fällt auch diese Stromzufuhr weg, sorgt ein eingebauter Sicherheitsmechanismus bei einer überarbeiteten Version des Geräts dafür, dass die Therapie automatisch beendet wird. Dies sorgt für eine hohe Sicherheit des Schwerkraftinfusionssystems, das im Anschluss manuell weiter bedient werden kann. Außerdem ist eine solarbetriebene Ladestation in Planung, sodass das Gerät überall einsetzbar ist. Um die Strukturen vor Ort zu stärken, wird bei der Entwicklung außerdem darauf geachtet, dass alle Komponenten des Infusionssystems in Uganda selbst verfügbar sind.

Auszeichnung für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

Für diese nachhaltige und innovative Lösung wurden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland und Uganda vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF mit dem Deutsch-Afrikanischen Innovationsförderpreis 2020 ausgezeichnet. Nachdem die Sicherheit und Wirksamkeit bereits in zwei klinischen Studien nachgewiesen werden konnten, erfolgt nun die Optimierung des Prototyps. Und auch weitere Kooperationsprojekte und ein akademisches Austauschprogramm zwischen den beiden Ländern sind geplant – um zusätzliche Low-Cost-Medizingeräte zu entwickeln, das Wissen in der Lehre über Medizintechnologie in Entwicklungsländern weiterzugeben und weiterhin eine so leistungsstarke Forschung sicherzustellen.