Für eine evidenzbasierte Therapie muss der Zusammenhang zwischen der Funktion und den Eigenschaften des Medizinproduktes, der Physiologie, Biomechanik und Pathologie des Patienten und dem chirurgischen Eingriff hergestellt werden. Nur aus den Wechselwirkungen der Endoprothese bzw. des Implantats mit dem Patienten lassen sich nachvollziehbare objektive Entscheidungen ableiten, ob und wie gut das künstliche Gelenk funktioniert. Diese komplexen Zusammenhänge lassen sich nicht an Prüfmaschinen untersuchen.
Das Forschungsteam »In-Silico Human Modeling« am Fraunhofer IPA entwickelt muskuloskelettale virtuelle Mensch- und Patientenmodelle und führt fundierte In-Silico-Studien von Implantaten für Sprung-, Knie-, Hüft-, Ellenbogen- oder Schultergelenke durch. In unseren Simulationsmodellen können wir beliebige dysfunktionale Gelenke abbilden, die beispielsweise durch neuromuskuläre Erkrankungen oder muskuläre Dysbalancen hervorgerufen werden. So können wir rekonstruktive chirurgische Eingriffe in das muskuloskelettale System von Patienten sowie die Funktion von Gelenkimplantaten analysieren und die Auswirkungen auf das Bewegungssystem darstellen. Damit wird es möglich, Chirurgen und Implantatherstellern durch ein besseres Verständnis der Interaktion zwischen Implantat und (virtuellem) Patienten bei der Entscheidungsfindung im Operationssaal oder bei der Entwicklung neuer Implantate zu unterstützen. Darüber hinaus eröffnen In-Silico-Studien mit virtuellen Patientenkohorten neue Potenziale zur Reduktion von Dauer und Kosten von klinischen Studien.